Mit dem Austritt aus der Dunkelheit und dem Wiedereintritt in das Licht beginnt die Phase der Integration. Zunächst sehr zaghaft und langsam. Die Umgebung rund um das Seminarhaus in Sasbachwalden ist sehr ruhig. Es gibt keinen Autoverkehr oder andere Menschen, der Wald beginnt direkt hinter dem Haus, der weitläufige Garten bietet viele Möglichkeiten, sich zu verstecken, um ganz langsam wieder in die lichte Welt einzutauchen.
Spätestens bei der Abreise merkt man dann, dass die Oase der Ruhe (das Seminarhaus heißt tatsächlich „Quelle der Kraft“) auch noch eine weitere Umgebung hat, die durchaus viel geschäftiger ist. Entweder mit Taxi, Bus und Bahn oder mit dem Auto geht es dann zurück in Richtig Heimat. Und da sind sie wieder … die alltäglichen Interaktionen: Bestellen, Bezahlen, Einsteigen, Aussteigen, Zulächeln, Blickkontakt, Bewertungen…
Manchen Teilnehmern der Dunkeltherapie ist das schon fast „zu viel“. Aber darum geht es: Das neue Bewusstsein – den Blick auf die eigenen Muster und Strukturen, Gedanken und Gefühle nicht nur in der abgeschiedenen Sicherheit der Dunkel-Erfahrung halten, sondern auch im Alltag. Ich verstehe, dass das gleichermaßen aufregend ist und auch ganz schön anstrengend. Aber das geht allen so. Ein bisschen ist es so wie Skifahren: Wenn man das erste Mal vom Anfängerhügel auf die große Piste geht, dann stockt das Herz und man fragt sich, wie man das jemals schaffen soll. Jedoch sind die wichtigsten Grundlagen gelegt. Ja, es ist sogar Zeit für neue Herausforderungen. Und die warten schon an der nächsten Ecke. Trotzdem gilt in der ersten Zeit: Rückzugsmöglichkeiten schaffen. Zum Beispiel helfen im Zug die Lieblingsmusik und eine Schlafmaske ganz wunderbar, wenn man von den vielen sozialen Interaktionen akut etwas überfordert ist.
Die Ankunft zuhause
Spannend ist auch, wenn man das erste Mal wieder das eigene Heim betritt. Wie fühlt es sich an? Gerade in den eigenen vier Wänden gibt es viele eingeschliffene Muster und Strukturen, vor allem im Umgang mit Partner und Familie. Sicherlich sind die nahen Angehörigen schon gespannt auf die Stories aus dem Dunkeln. Trotzdem sollte man es erst einmal ruhig angehen lassen. Viele Teilnehmer der Dunkeltherapie genießen es, ganz langsam zuhause anzukommen und sich erst einmal wieder zurecht zu finden. Oder auch, umzuräumen und auszumisten. Es ist schön, wenn man noch 2-3 Tage Zeit hat, bevor man wieder seinen normalen Alltag aufnimmt.
Die Ankunft im Alltag
Der Alltag und die Macht der Gewohnheiten üben eine fast magnetische Wirkung aus. Manchmal scheint es, als wäre die ganze Umgebung darauf aus, den Rückkehrer wieder in die alten Muster und Strukturen zu drängen. Manchmal ist das sicher auch so, ganz nach dem Motto: „Wenn du nichts änderst, dann muss ich ja auch nichts ändern.“
Manchmal sind es aber auch einfach nur unsere eigenen Gewohnheiten und ausgetretenen Denk-, Fühl- und Handelspfade, die den Sog zurück in den gewohnten Alltag bilden. Und in diesem Moment ergibt sich eine wunderbare Chance: Mit der (neuen) starken Verbindung nach Innen kann ich immer wieder in mich rein spüren: „Passt das zu mir?“, „Bin ich das (noch)?“ Oft bedarf es gar keiner Änderung im Außen, sondern alleine der bewussten Entscheidung, bestimmten Gedanken, Gefühle und Handlungen weiter Raum zu geben. Es hat etwas Erhabenes, den gewohnten Alltag mit neuem Bewusstsein zu erleben.
Leider stehen mir (noch) keine empirischen Daten zur Verfügung. Aber mein Bauchgefühl sagt: 1/3 der Teilnehmer leben nach kurzer Zeit Ihr ganz normales Leben so weiter wie zuvor. Ein weiteres Drittel der Teilnehmer bleibt im gewohnten Umfeld / Strukturen / Job / Beziehung, nimmt allerdings kleine, wichtige Änderungen vor. Wie gesagt: Manchmal ist es einfach, nur die Dinge bewusster zu leben als vorher. Bei einem weiteren Drittel der Teilnehmer der Dunkeltherapie verändert sich das Leben signifikant: Heirat und Scheidung, ein neuer Job, Umzug oder die Ausrichtung des Lebens auf einen völlig neuen Fokus.
Wie auch immer die Integration in den Alltag aussieht: Viele lernen die Dunkeltherapie schätzen und nutzen die Möglichkeit anschließend regelmäßig (zumeist im Abstand von 1-5 Jahren), um dem eigenen Leben neue Impulse zu geben und den Blick wieder nach Innen zu richten. Und so schließt sich der Kreis.